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Eine Produktion von
y-productions und pushpull

Mate

#istdasfreiheitoderkanndasweg?

In einer Zelle treffen zwei Figuren und zwei Geschichten aufeinander.
 
Eine ist Malerin, gefangen in ihren Erfahrungen von Folter und Exil, der andere ein Schauspieler, maßlos,  ohne Skrupel, voller Gewinn- und Geltungssucht, aber ohne eigene Identität. Sie beginnen ein Spiel mit immer höherem Einsatz. Sie provozieren einander, schärfen sich aneinander, bekämpfen sich, brauchen einander, zerbrechen aneinander. Ein Zweikampf auf einer Bühne, in einem Kopf, in einem Hirn, in einer Zelle. The winner takes it all. Aber dann wäre das Spiel zu Ende. Also besser aufhören oder weiterspielen?

Während das Spiel der beiden sich fortentwickelt, stellt sich mehr und mehr die Frage, wessen Wahrheit hier erzählt wird. Können wir aus der Geschichte lernen oder brauchen wir das Erlebnis der Unfreiheit, um zu spüren was Freiheit ist?

 

„Mate“ orientiert  sich an Stefan Zweigs „Schachnovelle“ und stellt dieser Erinnerungen des in den 80er Jahren aus Polen geflohenen Künstlers Viki J. Mierzicki entgegen. Das Stück schlägt Kapital aus dem Trauma und läuft rückwärts vor der Vergangenheit davon, lässt sie jedoch nie aus den Augen.

 

Der Zuschauer wird eingeladen zu einer lustvollen Selbstzerfleischung über Verhör, Flucht, Freiheit, Freizeit, Verlust,  Kunst und natürlich Bohnensuppe.

Sie dürfen Ihr Handy anlassen

 

Und hier den Trailer sehen:

Schauspiel: 

Yael Schüler
Jan Viethen

Regie und Fassung:

Jan Viethen 

Bühne/Ausstattung: 

Jan Viethen 

künstlerisch-biographische Inspiration: 

Viki J. Mierzicki

Dramaturgische Mitarbeit:

Viola Köster

Produktion:

Yael Schüler

Mit Unterstützung von:
Dr. h. c. Emile Dreyfus Stiftung
Heinz und Heide Dürr Stiftung

Die Schachnovelle ist das Aufeinandertreffen von zwei Geflohenen in einer fulminanten Schachpartie. Der eine, autistisch in sich gefangen, von allen für dumm und untauglich gehalten, hat durch das Schachspiel einen Ausweg in die Welt gefunden. Er krallt sich am Konkreten des Spiels fest, hat sich aus dem Schachbrett ein Boot gebaut und damit die Welt besegelt, ist zum Schachmeister, schließlich Weltmeister und  Popstar geworden. Dabei sind die Gier nach materieller Anerkennung und die Arroganz zu seinen einzig erkennbaren Eigenschaften geworden.

 

Der andere, ein kultivierter, gebildeter und diskreter Mensch von hohem gesellschaftlichem Stand, ist Opfer jahrelanger Isolationshaft der Nazis zur Erpressung von Geständnissen. In einem unbeobachteten Moment gelingt es ihm, ein Schachbuch zu stehlen und er vergräbt sich immer mehr in diesem Spiel. Dies ist seine Flucht, sein Halt, an den er sich klammert. Er spielt erst alle Partien in diesem Buch nach, dann jedoch verschwindet er immer mehr in innerlichen Schachpartien, um so einen Ausweg aus dem Druck der Folter zu finden.

 

Für die Antagonisten ist dieser Ausweg des Schachspiels, wie ein Negativabdruck der Verhältnisse, denen sie entflohen sind.

 

Zweig verstand  meisterlich, wie dieses Schach Dualität, Widerspruch von zivilisiertem Spiel und Kriegsmetaphorik, Codierung von Macht und Intellekt in sich vereint und Brennglas für die drängenden Fragen der Zeit sein kann. Von den Nazis ins Exil gezwungen, gelang es ihm nicht, selbst mit der gewonnenen Freiheit umzugehen und er nahm sich 1942 das Leben.

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„Mate“ nutzt den dramatischen Aufbau und Motive aus Stefan Zweigs klassischer Novelle.  Darin treffen zwei extreme Menschen aufeinander, die sich mit exzeptionellem Talent und Obsession in das Schachspiel gestürzt haben. Ihre Herkunft, ihre Art dies zu tun und ihre Motivation könnten jedoch verschiedener nicht sein. Das  Aufeinanderprallen des Gegensätzlichen und die Codierung des Psychologischen in der mathematisch/grafischen Sprache des Schachs bleiben eine Grundkomponente auch unseres Stückes.

 

„mate“ liefert sich dabei den Fragen aus, die der Text heute aufwirft.

 

Wir stehen wieder unter dem Eindruck der Ankunft von Menschen, die einer Gewaltherrschaft entflohen sind.  Was ist Freiheit nach dem Erlebnis von Diktatur, Willkür, Folter und Flucht? Wie viel Freiheit kann ein traumatisierter Mensch leben? Was ist Freiheit unter den Bedingungen von Verwertungslogik und turbokapitalistischer Gesellschaft? Wie verändert die Fixierung auf finanzielle Freiheit und Status, auf Individualisierung statt Individualität, auf Freizeit statt Freiheit den Menschen? Wie lassen sich diese Fragen auf der Bühne repräsentieren?

 

Bei uns arbeiten sich die Überlebende einer nicht näher genannten Diktatur und ein Schauspieler in einer Zelle aneinander ab. Dieser Mann trägt keine Eigenschaften in sich, nur das Wollen und das Können. Das Schaffen einer scheinbaren Persönlichkeit durch Repräsentation.

 

Er trifft auf eine traumatisierte, der Folter und Hoffnungslosigkeit entflohenen Malerin. Der Künstler Viki M. war in seiner Jugend als Mitglied der Pro-Solidarnosc-Punkband „Kapela Dziadka Lesia“ (Kapella Opa Lech) in Polen selbst Verfolgung und Verhaftungen ausgesetzt und konnte schließlich nach Deutschland fliehen. Seine Erfahrungen fließen in diese Figur ein.

 

Die performative Realität der Bühne bleibt offen gelegt; beide sprechen direkt zum Publikum, die Realität der Figuren und der SpielerInnen durchdringen sich.

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