
Drei Menschen in arabischer, deutscher und hebräischer Sprache unterwegs im Feld kollektiver Traumata:
Ich bin da, trotzdem - hörst Du?
ein Stück Tanz - Schauspiel - Musik basierend auf Paul Celans "Gespräch im Gebirg"
Da ist ein Prosatext "Gespräch im Gebirg", aufgeschrieben 1959 von einem jüdischen Autor, der die Shoah überlebte. Darin gehen Jud klein und Jud groß aufeinander zu. Zuerst sind sie entfremdet voneinander und vom Ort (Hebräisch= makom=auch ein Name G*ttes), von der Natur, die sie umgibt. Am Ende des Textes sind sie einander wirklich begegnet, hier, und sie sind eins mit der sie umgebenden Natur. Sie sind Eins. Sie sind weg gekommen von einer Welt, in der es nur Er, Sie, Es gibt in eine Welt des Ich und Du, diese Geschwisterkinder, von denen da die Rede ist...
Wir lesen diesen Text 2023....2024....Und plötzlich: kann es sein, dass dieser Text den Nahostkonflikt reflektiert? Und Paul Celan hatte gesagt, dass er nicht möchte, dass man seine Texte autobiographisch versteht. Sie sind mehr.
Also, kann es sein, dass Jud klein und Jud groß Juden, Israelis, Palästinenser, Druzen sind, Beduinen...die Menschen, diese Ortes, hier oben, auf dem Weg sich zu finden ?
Wir horchen den Text auf Echos der aktuellen Geschehnisse, neue und alte Traumatisierungen und ihren Folgen ab, die wir alle unterwegs sind, "auf der schönen Straße im Gebirg", oder "unten in den Niederungen", auf verschiedenen Wegen. Abgetrennt voneinander, oder miteinander? Ist die Verbindung zur uns umgebenden Natur, so wie es in Celans Text zum Ausdruck kommt , ein Weg zur Heilung, zum Ganz-Werden? (ganz Hebr. = shalem = shalom, Friede). Ganz -Werden bedeutet auch die abgespaltenen Teile von sich selbst zu integrieren. In Celans Text ist vom Schatten, dem eignen und dem fremden die Rede. Ist der Andere unser fremder Schatten, unser Spiegel dessen, was wir abspalten? Also ginge es darum den Anderen zu integrieren, um zu sich selbst zu finden? Wie kommen wir zu dieser Offenheit dem Anderen gegenüber? Tatsächlich stellt unser Text einen Selbstwerdungsprozess dar und endet mit den Worten „ich hier, auf dem Weg zu mir, oben.“ Die Bilder dieses Textes, welche der Torah entnommen sind , führen uns auch zu schamanischen Ursprüngen.
Dies erforschen wir mit den Mitteln des Tanzes. Uns bewegt die Frage: was bringt uns von einer Welt, in der es nur Er, Sie und Es gibt hin zu einer Welt, in der Ich und Du möglich sind? In der Sehnsucht danach, die Celans Text ausdrückt, sehen wir etwas Universelles und Existentielles.
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Konzept/ Tanz/ Schauspiel:
Yael Schüler
Schauspiel/Tanz/Gesang:
Ebaa Monther
Performance/div. Blockflöten:
Raphael Isaac Landzbaum
Choreographie: Katja Münker
Oeil extérieur: Muriel Bader
Produktionsleitung:
Mali Haustrate
Kostüme:
Sandra Markgraf
Trailer 4 Minuten:
Kurz- Trailer:
Die jüdisch-deutsche Schauspielerin Yael Schüler entwickelte seit Frühjahr 2023 mit der Lehrerin der Feldenkrais Methode und Choreographin Katja Münker ein 20 minütiges Tanz – Solo, sich durch eine Landschaft von Stöcken und Steinen bewegend, zu dem von ihr selbst aufgesprochenen Text Celans. Dann geschah der 7. Oktober 2023, welcher die Augen öffnete für eine dringlichere Bedeutung dieses Textes, und Yael begegnete mit diesem Tanz dem israelischen Musiker Raphael Isaac Landzbaum. Dieser ist nicht nur Oboist, der auch diverse Blockflöten beherrscht, sondern er agiert auch gerne als Performer. Beide führten nun das „Gespräch im Gebirg“ auf Hebräisch und Deutsch miteinander. Die verwüstete Bühne wird dabei aufgeräumt, aus den Steinen und Stöcken wird ein Schutzwall gebaut... Dann fand Yael, ohne viel suchen zu müssen, Ebaa Monther, eine Schauspielerin, die in den Golan Höhen zu Hause ist, was seit 1967 von Israel besetzt wird. Arabisch ist Ebaas Muttersprache. Die Vermutung bestätigte sich durch sie, dass Celans Text und Yaels parcours durch die Stöcke und Steine dazu geeignet sind und Raum bieten, nicht nur jüdisches Trauma und Narrativ zu reflektieren und sichtbar zu machen, sondern womöglich gerade auch das der "Geschwisterkinder" (um in der Sprache Celans zu sprechen). Alle drei sind von Anfang an als Teil der Steine -Stöcke- Landschaft auf dem Boden der Bühne, doch bis zu einem bestimmten kritischen Punkt nehmen sie einander nur beschränkt wahr. Sie leben nebeneinander in verschiedenen Welten. Was in der einen Welt geschieht hat jedoch einen Effekt auf die andere Welt und umgekehrt. Bis sie einander doch irgendwann bewusst wahr nehmen, zusammen kommen, sich im anderen erkennen und sogar eins werden...
Wir Drei also sind in diesem Stück die Geschwisterkinder, die hier auf dem Weg sind sich wieder zu verbinden. Wir haben alle drei eine starke Beziehung zu ein und demselben Ort, zu einer ganz bestimmten Natur, eine Sehnsucht aus unterschiedlichen Gründen. Das verbindet, und nicht nur das...
Diese Tanz- Schauspiel Kreation kann man betrachten als eine Art von Ritual für den Frieden, bei dem wir das Publikum einladen präsent zu sein.